Nach der IT-Störung am Hauptstadtflughafen BER laufen die Systeme zwar wieder - der Flugbetrieb in Schönefeld sollte aber noch bis in die Freitagnacht hinein beeinträchtigt sein. Zahlreiche Passagiere müssen deshalb weiter am Flughafen ausharren, sagte ein Sprecher. Viele Gesellschaften versuchten, ihre Fluggäste in umliegenden Hotels unterzubringen. «Bei dieser Größenordnung ist das nicht ganz leicht.» Mit einer vollständigen Normalisierung des Betriebs rechnen die Flughafenbetreiber frühestens für Samstagmorgen.
Die Fluggesellschaft Eurowings teilte am Abend mit, dass alle Systeme wieder zur Verfügung stünden. Man gehe davon aus, am Samstag zu einem «weitgehend planmäßigen Flugbetrieb» zurückkehren zu können. Vereinzelt könne es aber noch zu Beeinträchtigungen kommen.
Flugleitstelle betroffen
Die weltweit aufgetretene technische Störung infolge eines fehlerhaften Software-Updates eines Sicherheitsprogramms hatte in Schönefeld ersten Erkenntnissen zufolge die Flugleitstelle getroffen. Am Morgen kam der Flugbetrieb deshalb nahezu zum Erliegen. Betroffen waren auch die Systeme einiger Fluggesellschaften, vor allem bei KLM, Eurowings oder Ryanair.
Allein bis zum frühen Nachmittag seien insgesamt 113 der rund 550 geplanten Flüge am BER gestrichen worden, sagte der Flughafensprecher - 51 Ankünfte und 62 Abflüge. Er ging davon aus, dass sich diese Zahl im Tagesverlauf weiter erhöhen werde. Während die Systeme am Flughafen seit dem Vormittag wieder uneingeschränkt funktionierten, kämpften manche Airlines weiter mit Problemen.
Ferienbeginn verzögert sich für zahlreiche Fluggäste
Ausgerechnet zum Ferienbeginn in Berlin verzögerte sich damit der Urlaubsbeginn für viele Reisende auf unbestimmte Zeit. Das Hauptterminal 1 des BER war am Nachmittag weiter sehr voll, am Abend waren dort nicht mehr ganz so viele Reisende. Vor den Check-in-Schaltern bildeten sich den ganzen Tag über lange Schlangen. Flughafenmitarbeiter verteilten Trinkwasser. Es sei auch ein Team zur psychosozialen Unterstützung im Einsatz gewesen, sagte der BER-Sprecher.
Am Abend gab es nach Auskunft einer Flughafen-Sprecherin zahlreiche Abflüge und Ankünfte. Einige Airlines hätten aber auch Abendverbindungen gestrichen, sagte sie im RBB. Von Mitternacht bis 05.00 Uhr gelte am BER ein striktes Nachtflugverbot. Airlines hätten aber wegen der außergewöhnlichen Lage die Möglichkeit, bei der Luftfahrtbehörde eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Allerdings waren nach Angaben der Sprecherin Stand 19.30 Uhr keine solchen Nachtflüge geplant.
Olympia-Teilnehmerin betroffen
Betroffen von den Einschränkungen war auch die deutsche Wasserspringerin Saskia Oettinghaus, die unterwegs zu den Olympischen Spielen nach Paris ist. Oettinghaus reagierte gelassen auf die Verzögerung. «Für uns ist es nicht so schlimm, es ist erst mal ein bisschen verspätet, aber ich denke, dass es nachher noch weiter gehen wird», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Andere Fluggäste äußerten sich verärgerter. Es habe keine Durchsagen gegeben. Urlauber Wardan Baghdasaryan war auf dem Weg über Rom nach Armenien, «weil wir dort auf zwei Hochzeiten eingeladen sind und die werden wir wohl jetzt verpassen». Eine weitere Passagierin fürchtete um ihren Anschlussflug in New York.
Störungen weltweit
Die Computerprobleme haben weltweit zu weitreichenden Störungen geführt, die vor allem den Luftverkehr betrafen. In Deutschland kam es auch am Hamburger Flughafen zu Einschränkungen. Die niederländische Fluggesellschaft KLM stellte den Großteil des Betriebs ein. Die Störung wirkte sich auch auf den Reisekonzern Tui und die Flugtochter Tuifly aus. Bisher gebe es aber keine Flugausfälle, sagte ein Sprecher der dpa.
In anderen Ländern wurde laut Medienberichten neben dem Luftverkehr der Betrieb von Banken und Krankenhäusern gestört. Die australische Regierung berief eine Krisensitzung ein. Der Fernsehsender Sky News sendete vorübergehend kein Programm und zeigte ein Standbild.
In Berlin vor allem BER betroffen
In Berlin und Brandenburg wiederum waren außer dem Flughafen ersten Erkenntnissen zufolge keine größeren Einrichtungen betroffen. Der Regional- und Nahverkehr lief wie gewohnt. Auch die Berliner Stadtwerke blieben verschont, ebenso der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz.
Die Berliner Verwaltung sei ebenfalls nicht betroffen, teilte eine Sprecherin der Innensenatsverwaltung mit. «Wir stehen im ständigen Kontakt mit unseren Sicherheitsbehörden. Die Sicherheitsarchitektur funktioniert.» Die Landesverwaltung im benachbarten Bundesland Brandenburg meldete ebenfalls keine IT-Störungen.
Krankenhäuser laufen stabil
Die Krankenversorgung lief stabil weiter. Die Landeskrankenhausgesellschaft in Brandenburg habe keine Information erhalten, dass es in einem Krankenhaus Konsequenzen gebe, sagte Geschäftsführer Michael Jacob. Die Medizinische Universität Lausitz - Carl Thiem teilte mit, ihre IT-Systeme seien nicht betroffen, weil sie keine Produkte der Sicherheitssoftware von Crowdstrike einsetze. Das Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam und die Klinikgruppe sind nach Angaben einer Sprecherin ebenfalls nicht betroffen.
Keine Hinweise auf Cyberangriff
Aus Sicherheitskreisen in Deutschland hieß es, man gehe von einer technischen Störung infolge eines fehlerhaften Software-Updates aus. Auslöser ein Fehler in einem Programm-Update der IT-Sicherheitsfirma Crowdstrike. Der Fehler wurde inzwischen behoben.
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