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Auszeichnung für Kurzfilm „Kruste“ bei den Studenten-Oscars

Regisseur Jens Kevin Georg gehört zu den diesjährigen Gewinnern des Studenten-Oscars. / Foto: Soeren Stache/dpa
Regisseur Jens Kevin Georg gehört zu den diesjährigen Gewinnern des Studenten-Oscars. / Foto: Soeren Stache/dpa

Fabi muss sich einer gefährlichen Mutprobe stellen, um eine Narbe zu bekommen und in die Familientradition eingeweiht zu werden. Regisseur Georg gewinnt Studenten-Oscar für fiktionales Werk über Individualität und Gruppenzugehörigkeit.

Thea hat sie durch einen Wolf bekommen, Winni bei einem Motorradunfall: Ihre Wunden, die später einmal zu Narben verkrusten, sind auf einem wandfüllenden, gemalten Stammbaum heroisch verewigt. Das gehört zu einer makaberen Familientradition, in die sich nun auch Fabi mit einer eigenen Narbe einreihen soll. Will er das überhaupt? Und: Was ist er bereit aufzugeben, nur um dazuzugehören? 

Diese Fragen stellt der knapp halbstündige fiktionale Kurzfilm «Kruste» von Regisseur Jens Kevin Georg, der bald eine besondere Auszeichnung erhält: Der 30-jährige Absolvent der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam gehört zu den diesjährigen Gewinnern der Studenten-Oscars. 

Anzug kaufen und Schuhe einlaufen 

Für den Nachwuchsregisseur, der in der Nähe von Gummersbach (Nordrhein-Westfalen) lebt und in Köln studiert, ist das «eine tolle Auszeichnung» für sich und sein Team, wie er in einem Berliner Café erzählt. «Wir sind dankbar für die ganzen Möglichkeiten.»

Vor der Verleihung am 14. Oktober in London treiben ihn aber noch andere Fragen um: Einen Anzug zu finden, zum Beispiel. «Das stresst mich richtig», sagt Georg. Auch die Schuhe müssen noch eingelaufen werden. 

Drei Gewinner in «Narrative»-Kategorie

In London werden die Trophäen für die Gewinner-Kurzfilme in insgesamt vier Kategorien verliehen. «Kruste» siegte in der Kategorie «Narrative» (Erzählung) - gemeinsam mit zwei weiteren Gewinnerfilmen: «The Compatriot» von zwei Regisseuren aus Tschechien und «Neither Donkey nor Horse» von einem Filmabsolventen der US-Universität Southern California. In diesem Jahr waren insgesamt 2683 Beiträge von über 700 Studieneinrichtungen aus aller Welt eingegangen.

«Kruste», gedreht in Polen und im Norden Brandenburgs, dreht sich um das Erwachsenwerden, um Individualität und Gruppenzugehörigkeit. Themen, die Georg schon öfter filmisch umgesetzt hat, wie er sagt. «Ich habe mich immer sehr stark dafür interessiert, wie es ist, draußen zu stehen, dazugehören zu wollen. Beziehungsweise das war ein Punkt, an dem ich immer wieder in meinen vorherigen Filmen gesagt habe: "Sei, wer du bist und scher dich nicht drum, was andere Leute sagen. Bleib dir einfach selbst treu."» 

Ehrlich sein, auch wenn es wehtut

Er habe aber gemerkt, dass er seinen Erwartungen nicht gerecht werden könne - und eigentlich in verschiedensten Situationen dazugehören wolle. «Dann habe ich mir gedacht: "Wenn du in deinen vorherigen Filmen vielleicht nicht ehrlich genug warst, probiere es jetzt mal, auch wenn es wehtut."»

Und das sieht im Film so aus: Der zwölfjährige Junge Fabi (Philip Kapell) soll eine gefährliche Mutprobe absolvieren, um eine Narbe zu bekommen - und um sich als vollwertiges Familienmitglied zu beweisen. Das Motto der Familie: «Narben machen stark». Während seine mutige, jüngere Schwester Bea (Luise Landau) von dem Opa (Heinz Wanitschek) und dem vernarbten Vater (Sven Hönig) zu Verletzungen angefeuert wird, hadert der sensible Fabi mit der Herausforderung. 

«Außenseiter steckt in uns allen»

«Kruste», erklärt Georg, sei eine Außenseiter-Geschichte. «Mein Bedürfnis mit dem Film war, eben zu sagen: "Ein Außenseiter oder eine Außenseiterin steckt irgendwo in uns allen." Vielleicht reden wir nicht genug darüber.» 

Der Stil des Films hat etwas Märchenhaftes, die Malereien der verletzten Familienmitglieder im Stammbaum erinnern an die martialischen «Struwwelpeter»-Geschichten. Ein Anliegen sei dabei gewesen, den «schmalen Grat zwischen Heroisierung und Horror» zu treffen, sagt der Regisseur. 

Gold, Silber oder Bronze? 

Inspiration habe er auch von Franz Kafkas berühmter Erzählung «Die Verwandlung» bekommen, in der Gregor Samsa eines Tages als Ungeziefer aufwacht. Die Geschichte zeige, wie tief der Schmerz im Außenseitertum sein könne. 

Kafka, der vor 100 Jahren mit nur 40 Jahren starb, ist für Georg immer noch aktuell. «Wer weiß, wo er jetzt ist. Vielleicht kann er ja darüber froh sein, dass er vielen Menschen Trost spendet.» Seine Themen hätten etwas Universelles und überdauerten die Zeit. 

Bei den Oscars selbst wird es am Tag der Preisverleihung noch einmal spannend. Die je drei Preisträger in den Sparten «Animation», «Narrative», «Dokumentarfilm» und «Alternative/Experimental» erfahren nämlich erst dann die Reihenfolge der Preise - Gold, Silber oder Bronze. Georg hegt besonders einen Wunsch: «Im Team einen sehr schönen Abend in London zu verbringen.»

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