Bei Protesten gegen die Corona-Politik 2020 in Berlin trugen viele Demonstranten keine Masken und ignorierten Abstandsgebote. Die Polizei griff immer wieder ein und beendete Demonstrationen. Das geschah bei zwei Kundgebungen im August 2020 mit vielen Tausend Teilnehmern zu Recht, wie nun das Berliner Verwaltungsgericht entschieden hat.
Die Richter wiesen damit am Nachmittag eine Klage des Initiators der damaligen «Querdenker»-Demonstrationen, Michael Ballweg, gegen die Polizei zurück. Die Auflösungen und andere Einschränkungen von zwei Demonstrationen am 1. und 29. August sowie das Verbot eines späteren Protestcamps seien rechtmäßig gewesen. Ballwegs Anwalt Ralf Ludwig kündigte Berufung beim Oberverwaltungsgericht an.
Gericht: Besondere Gefahrenlage zu Beginn der Pandemie
Das Gericht begründete seine Entscheidung vor Dutzenden Unterstützern Ballwegs im Saal mit Verweis auf die besondere Gefahrenlage zu Beginn der Pandemie. Die Gefährlichkeit des Virus habe man damals noch nicht sicher einschätzen können. Es habe auch noch keine Impfung gegeben. Deswegen seien die Anforderungen zur Auflösung einer Demonstration mitunter auch geringer gewesen.
Durch die Demonstrationen habe die unmittelbare Gefahr bestanden, dass Polizisten, Teilnehmer und deren Kontaktpersonen durch ein Infektionsgeschehen in ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt würden, so das Gericht. Andere geeignete Mittel außer der Auflösung seien nicht ersichtlich gewesen - auch weil die Demonstranten die wiederholten Durchsagen der Polizei, den Mindestabstand einzuhalten beziehungsweise Masken zu tragen, weitgehend ignoriert hätten.
Anwalt: «Man wollte den Menschen Masken aufzwingen»
Ballweg und sein Anwalt hatten in der Verhandlung betont, dass die Polizei sich im Sommer 2020 bei ihren Entscheidungen gegen die Demonstrationen auf keine wissenschaftlichen Grundlagen gestützt habe. «Der wissenschaftliche Erkenntnisstand damals war schon ein anderer», sagte der Anwalt.
Die Polizei habe aber beim Robert Koch-Institut (RKI) nicht nachgefragt, ob unter freiem Himmel ohne Maske tatsächlich eine erhöhte Ansteckungsgefahr bestehe. «Man wollte den Menschen bei Demonstrationen die Masken aufzwingen», betonte er. «Auch unter damaligen Gesichtspunkten war diese Auflage rechtswidrig und verfassungswidrig. Und bei dieser Hitze ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.»
Applaus im Gerichtsaal von «Querdenken»-Anhängern
Viele der knapp 100 Anhänger der sogenannten Querdenken-Bewegung im Gerichtssaal applaudierten zu den Ausführungen des Anwalts. Der Richter ermahnte die überwiegend älteren Menschen mehrfach zur Ruhe. In der Nähe des Gerichts demonstrierten Unterstützer Ballwegs auf der Straße. «Lasst euch nicht kleinkriegen», rief Ballweg. Sein Anwalt meinte, dass man nicht aufgeben werde. Es folgte eine Gedenkminute für alle Menschen, die unter den Corona-Maßnahmen gelitten hätten.
Polizei verweist auf «Alltagserfahrung»
Eine Vertreterin der Berliner Polizei verwies auf eine Vielzahl von damaligen Erkenntnissen, aus denen die Behörden sich ein Bild machen mussten. «Man brauchte eine Gefahrenabwehr.» Es sei dabei auch um «Alltagserfahrung», «lebensnahe Entscheidungen» und Gesundheitsschutz gegangen, eine hundertprozentige Gewissheit habe es eben nicht gegeben. Jetzt wisse man mehr.
Ballweg erwiderte: «Bei der Einschränkung der Grundrechte wie Demonstrationsfreiheit muss man Tatsachen zugrunde legen und keine Vermutungen.» Die Polizei habe Abstände gar nicht kontrolliert und das Tragen von Masken nicht erfasst, sagte sein Anwalt. Es gebe dazu weder Belege noch Beweise. Die Demonstrationen seien einfach «politisch unerwünscht» gewesen. Vom neuen US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. versprach sich Anwalt Ludwig tiefgehende Einblicke in die damaligen Corona-Akten in den USA, wie er ankündigte.
Mit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 hatte sich die «Querdenken»-Bewegung von Stuttgart aus in vielen deutschen Städten formiert. Die Anhänger demonstrierten immer wieder öffentlich gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.
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