Im Kampf um den Erhalt des Kurt Tucholsky Literaturmuseums in Rheinsberg hat der Bürgermeister der Stadt dem Landrat des Kreises Ostprignitz-Ruppin heftige Vorwürfe gemacht. Landrat Ralf Reinhardt (SPD) habe «die Sachebene verlassen», sagte Stadtoberhaupt Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler) der Deutschen Presse-Agentur. Er vermute, dass das auf seine Kandidatur für die Wahl des Kreistags zurückzuführen sei. «Die Befürchtung der Stadt Rheinsberg, dass die sogenannte Rettung des Kurt-Tucholsky-Museums ein PR-Coup des Landrats Ralf Reinhardt war, hat sich leider bestätigt», sagte Schwochow.
Für die Stadt Rheinsberg ist das Museum in seiner bisherigen Form ein zu großer Kostenfaktor. Trotz Förderung durch das Land in Höhe von 65 000 Euro und weiteren knapp 15.000 Euro vom Landkreis musste die Stadt im vergangenen Jahr ein Defizit von über 200.000 Euro ausgleichen.
Der bisherige Leiter des Hauses, Peter Böthig, geht im Frühjahr in den Ruhestand. Die Stadtverordnetenversammlung hat beschlossen, zur Sicherung des städtischen Haushalts die Leitung des Museums mit der Touristinformation zusammenzulegen. Daraufhin hatte der Deutsche Kulturrat das Literaturmuseum auf die Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen gesetzt. Auch das Brandenburger Kulturministerium und Kulturstaatssekretärin Claudia Roth (Grüne) wollen das Museum unter wissenschaftlicher Leitung erhalten.
Landkreis und Stadt verhandeln aktuell über eine Übernahme des einzigartigen Literaturmuseums durch den Landkreis. Dieser bietet an, die wissenschaftliche Leitung des Hauses zu übernehmen. «Der Vertrag für die wissenschaftliche Leitung des Kurt Tucholsky Literaturmuseums läuft nach heutigem Stand zum 31. März 2024 aus», hieß es vom Landkreis in der vergangenen Woche. Man wolle versuchen, die Trägerschaft zum 1. April zu übernehmen.
Das Verhältnis zwischen den Verhandlungspartnern scheint nun nachhaltig gestört zu sein. Aus der Landkreisverwaltung hieß es zuletzt, Schwochow verschleppe die Verhandlungen. Es seien weder die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt noch Einsichtnahmen bedingungslos ermöglicht worden, hatte der Landkreis jüngst mitgeteilt. Bereits vor etwa einem Monat sei Schwochow per Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (SVV) aufgefordert worden, dem Landkreis Unterlagen zukommen zu lassen, Einsichten zu ermöglichen und die Verhandlungsrunde um zwei Mitglieder der SVV zu erweitern. Dies war nach Angaben des Kreises nicht geschehen.
Schwochow reagierte daraufhin deutlich: «Die internen und vertraulich vereinbarten Verhandlungen öffentlich zu führen, hat nur den Zweck, die Verhandlungen zum Scheitern zu bringen.» Der «bisherige Stil vonseiten des Landkreises» werde in Rheinsberg «nur noch mit äußerster Verwunderung zur Kenntnis genommen». Er würde es begrüßen, «wenn die Verhandlungspartner des Landkreises teilweise ersetzt werden würden, um so eine vertrauensvolle Arbeit zu erreichen». Außerdem solle sich auch der Landrat an den Verhandlungen beteiligen.
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