Nach dem Kauf des Berliner Fernwärmenetzes steht das Land Berlin nun vor der Aufgabe, die Wärmeerzeugung von Steinkohle und Gas unabhängiger zu machen. «Im Moment haben wir 95 Prozent Steinkohle und Erdgas, 5 Prozent erneuerbare Energieträger. Das muss sich ändern», sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am Freitag. «Berlin wird nicht klimaneutral, wenn die Wärmeversorgung nicht klimaneutral wird.»
Das Berliner Fernwärmenetz wird nun unter dem Namen Berliner Energie und Wärme (BEW) betrieben. Das Land hat das Netz für 1,4 Milliarden Euro vom schwedischen Energieversorger Vattenfall zurückgekauft. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem historischen Tag. «Die Dekarbonisierung der Fernwärme ist für die Klimaziele des Landes Berlin zentral. Der Wärmesektor ist für rund die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich», sagte Wegner. Bis spätestens 2045 will der Senat die Hauptstadt klimaneutral aufstellen - für Fortschritte bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bleibt also nicht allzu viel Zeit.
Entsprechend muss schnell investiert werden, zum Kaufpreis von 1,4 Milliarden Euro kommen in den nächsten Jahren absehbar weitere, hohe Kosten hinzu. «Die Herausforderung bei diesem Umbau der Fernwärme ist, dass man auf sehr viele unterschiedliche Quellen der Wärmeerzeugung setzen muss», sagte der Energiespezialist Felix Matthes vom Öko-Institut in Freiburg im RBB-Inforadio.
«Das heißt, das Fernwärmenetz, was heute im Kern die Funktion hat, von großen Kraftwerken Wärme zu den Verbrauchern zu bringen, wird auch in Zukunft noch ein paar große Kraftwerke haben», sagte Matthes. Allerdings werde man zusätzlich auch auf viele kleine Anbieter setzen und unterschiedliche Wärmequellen nutzen müssen. Senatorin Giffey nannte für den Energiemix Wasserstoff, Biomasse, Abwärme und auch Geothermie. «Die Wärme aus der Erde wird für die Berliner Fernwärmeversorgung ein ganz wichtiger Punkt sein», sagte die SPD-Politikerin.
Die Kunden, also die Berlinerinnen und Berliner, sollen das aber nicht in hohen Preisen über die Fernwärmeverträge zahlen. «Wir gewährleisten mit der Rückkehr der Fernwärme eine sichere, eine effiziente, eine nachhaltige Energieversorgung - und das Ganze, das bleibt unser Ziel, zu fairen Preisen», sagte dazu der Regierende Bürgermeister. Wirtschaftssenatorin Giffey betonte, dass das Fernwärmenetz durch die Rekommunalisierung nicht profitgetrieben agieren müsse.
Das Berliner Fernwärmenetz ist mit rund 2000 Kilometern Länge das größte Westeuropas. Es versorgt etwa ein Drittel der Berliner Haushalte mit Wärme. Die Zahl der angeschlossenen Kunden soll in den kommenden Jahren erhöht werden. Eine Zielmarke gab Giffey nicht aus, über die strategischen Ziele müsse im Detail noch gesprochen werden.
Mit dem Kauf des Fernwärmenetzes übernimmt das Land Berlin auch rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher für die Vattenfall Wärme Berlin AG gearbeitet haben. Ebenfalls in gleicher Position übernommen wurde der Vorstandsvorsitzende Christian Feuerherd. Wer den Vorsitz des Aufsichtsrates übernimmt, ist noch nicht abschließend geklärt. Giffey warb dafür, dass sie qua Amt der Wirtschaftssenatorin diese Aufgabe übernehmen sollte.
Das Land Berlin hatte 1997 seine Anteile an der damaligen Bewag an private Investoren verkauft, später wurde die Bewag an Vattenfall veräußert. «Damals haben die politischen Verantwortlichen auch gesagt: «Wir wollen das Beste für die Stadt.» Aber am Ende zeigt sich eben doch, dass die wesentlichen Güter der Daseinsvorsorge, Wasser, Strom, Wärme, in die öffentliche Hand gehören», sagte Giffey.
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