Die Jüdische Gemeinde gedenkt der mehr als 55.000 von den Nazis ermordeten Berliner Juden. Anlässlich des 86. Jahrestages der Novemberpogrome werden die 55.696 Namen aus dem Gedenkbuch des Landes Berlin unter dem Motto «Jeder Mensch hat einen Namen» vor dem Jüdischen Gemeindehaus vorgelesen. Die Lesung begann am Morgen und dauert bis etwa 21.00 Uhr. Die Gemeinde rief alle Berlinerinnen und Berliner herzlich dazu auf, sich an der Namenslesung zu beteiligen.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, sagte, beim Gedenken an die Pogrome habe man nicht nur die Schwarz-Weiß-Bilder von 1938 vor Augen. «Aus dem weltweiten Bekenntnis "Nie Wieder!" ist die Unsicherheit des "Schon wieder?" geworden. Wenn es soweit kommt, sind wir alle verloren! Das wäre der Anfang vom Ende der hart erkämpften Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Deshalb appellieren wir an die Politik, Kirche und Zivilgesellschaft, die Kräfte dringend zu bündeln, um gemeinsam diese demokratiegefährdenden Zustände zu beenden.»
Am Abend soll nach Angaben der Gemeinde eine Simulation der ehemaligen Synagoge Fasanenstraße auf die heutige Fassade des Jüdischen Gemeindehauses projiziert werden. Mithilfe von Virtual-Reality-Brillen können Besucher sich schon tagsüber ins Innere der ehemaligen Synagoge versetzen. Gegen 20.15 Uhr sollen Kränze am Mahnmal vor dem Jüdischen Gemeindehaus niedergelegt werden.
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hält ein Grußwort des Landes Berlin. Der Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner (CDU), hatte erst am Wochenende die Bedrohung jüdischen Lebens beklagt. «Antisemitismus ist auch heute noch eine Realität, leider auch in unserer Stadt, auf unseren Straßen.»
Während der Pogromnacht am 9. November 1938 und in den Tagen danach wurden in ganz Deutschland Juden verfolgt, misshandelt und getötet. Die Nationalsozialisten setzten zahlreiche Synagogen in Brand und zerstörten jüdische Wohnungen, Geschäfte und Büros.
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