Eine Altenpflegerin, die einen an Demenz erkrankten Mann um über 150.000 Euro gebracht haben soll, ist zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach die 47-Jährige am Donnerstag des gewerbsmäßigen Computerbetrugs in 93 Fällen schuldig. Nach dem Tod der Ehefrau des 79-Jährigen habe sie Vertrauen und Abhängigkeiten geschaffen, um an das Vermögen des Mannes zu kommen, hieß es im Urteil. Sogar von Heirat sei gesprochen worden. Durch ihre beruflichen Erfahrungen habe sie allerdings erkannt, dass seine kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt waren. Drei mitangeklagte Familienmitglieder der Pflegerin erhielten Geldstrafen unter anderem wegen Beihilfe in einigen Fällen.
Die 47-Jährige hatte zunächst die Ehefrau des einstigen Staatsanwalts bis zu deren Tod im Dezember 2021 gepflegt. Danach habe sie «unter Ausnutzung des Vertrauens und der emotionalen Zuneigung» des seit mehreren Jahren an Demenz erkrankten Mannes mehrere Kredit- und Bankkarten an sich genommen, so die Anklage. Immer wieder sei Geld abgehoben oder überwiesen worden - «zur Finanzierung von Reisen oder die Bezahlung eigennütziger Leistungen und Bestellungen».
Der 79-Jährige und seine Frau hätten «sparsam und bescheiden gelebt», hieß es weiter. Nur einen Tag nach dem Tod der Ehefrau habe die Serie der Geldabhebungen durch die Pflegerin begonnen. «Die Abhebungen stehen im krassen Widerspruch zur Lebensweise des Mannes.» Das Gericht sei überzeugt, dass die 47-Jährige ohne Einverständnis des Mannes handelte.
Die Frau, die vorbestraft ist und unter anderem 2014 in einem Verfahren um eine Diebstahlserie bei hilfsbedürftigen Senioren in Berlin zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, befindet sich seit rund 13 Monaten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft hatte im aktuellen Fall auf eine Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten plädiert. Die Verteidiger der Frau hatten die Einstellung des Verfahrens oder eine «moderate» Strafe beantragt. Zwischen der 47-Jährigen und dem 79-Jährigen habe ein wirksames Verlöbnis bestanden, eine Hochzeit sei in Vorbereitung gewesen.
Gegen den 26-jährigen Sohn der Pflegerin verhängte das Gericht eine Geldstrafe von 6.300 Euro (210 Tagessätze zu je 30 Euro), die 23-jährige Tochter soll 1.050 Euro (70 Tagessätze zu je 15 Euro) zahlen, gegen den Ex-Mann der Hauptangeklagten erging eine Strafe von 1.800 Euro (120 Tagessätze zu je 15 Euro). Im Fall der Altenpflegerin ordnete das Gericht die Einziehung von knapp 156.000 Euro an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ein Anwalt der 47-Jährigen kündigte bereits Revision an.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten