Angesichts der jüngsten mutmaßlichen Spionagefälle hält Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) eine Gesetzesverschärfung für erforderlich. «Die Sabotage des Meinungsbildungsprozesses muss unter Strafe gestellt werden», sagte sie im Interview der «Berliner Zeitung». Das bestehende Strafrecht schütze vor Sabotagemaßnahmen aus der Zeit des Kalten Krieges. «Heute ist aber nicht mehr nur das Abgreifen von Informationen, sondern auch das Einbringen von Desinformationen und Propaganda gefährlich», so die Justizsenatorin.
Andere Länder, beispielsweise Frankreich, hätten dies erkannt und auch die Europäische Kommission habe einen Regelungsvorschlag erarbeitet. «Ich sehe hier die Bundesregierung in der Verantwortung, eine entsprechende Regelung vorzulegen», sagte Badenberg. «In einem Staat, in dem die Macht vom Volke in freien Wahlen ausgeübt wird, ist der freie Willensbildungsprozess der erste Angriffspunkt für autokratische Regime.»
Es gebe seit Jahren Aktivitäten Russlands, Chinas, der Türkei und des Iran, sagte Badenberg. Autokratische Staaten versuchten, ihre Oppositionellen auszuspionieren, bedrohen Familien und betrieben Wirtschaftsspionage. «Die neue Qualität der jüngsten Enthüllungen ist, dass das Ganze in das Innerste der Demokratie eingedrungen ist, nämlich in das Parlament», so die Senatorin. Zu beobachten sei nicht nur, dass das Ausland versuche, Informationen aus Deutschland abzuziehen. Zunehmend würden auch Informationen nach Deutschland eingesteuert, um Einfluss auf demokratische Prozesse zu nehmen. «Das sind Angriffe auf unsere Demokratie», betonte die Senatorin.
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