Aus Sicht des Brandenburger Antisemitismusbeauftragten ist auch 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die «wahre Befreiung» der Juden in Deutschland nicht vollzogen. «Ist die Befreiung beendet, wenn Synagogen unter Polizeischutz stehen müssen?», sagte Andreas Büttner im Brandenburger Landtag. Die Welt habe sich verändert, aber der Antisemitismus habe überlebt. «Wahre Befreiung ist der Tag, an dem kein Mensch mehr Angst haben muss, weil er Jude ist. Und dieser Tag ist nicht gekommen.»
AfD: Der deutschen Opfer werde kaum gedacht
Im Landtag stand am Donnerstag die Bezeichnung des 8. Mai als «Tag der Befreiung» im Fokus. Die AfD lehnt diese Umschreibung ab, da mit dem Ende des NS-Regimes für viele Menschen sich das Leid fortsetzte. «Grade in Ostbrandenburg war die Gewaltorgie der Rotarmisten unvergleichbar», sagte der AfD-Abgeordnete Dominik Kaufner. Er sprach von Jagden auf Frauen und öffentlichen Vergewaltigungen durch die Sowjetarmee. Man dürfe diese Kriegsverbrechen nicht verharmlosen. Zudem müsse auch der deutschen Opfer stärker gedacht werden. Hier bestehe ein Ungleichgewicht.
BSW spricht von «Heldentaten» der Roten Armee
«Wir verneigen uns vor allen Opfern», sagte der BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders. Er sprach von den «Heldentaten» der Roten Armee. Das Ziel seiner Fraktion sei es, allen Schülern die Möglichkeit zu geben, mindestens einmal eine Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus zu besuchen. Insbesondere die Sowjetunion habe mit 27 Millionen Opfern einen riesigen Zoll während des Krieges entrichten müssen. «Nie wieder darf ein deutscher Panzer gen Osten rollen.» Frieden sei nicht alles, aber ohne Frieden sei alles Nichts.
AfD weicht SPD-Frage mehrfach aus
Die SPD-Abgeordnete Elske Hildebrandt wollte von dem AfD-Abgeordneten Kaufner und dessen Fraktionschef Hans-Christoph Berndt mehrfach wissen, ob Deutschland aus ihrer Sicht von einem «menschenverachtenden faschistischen System» befreit wurde. «Ich dachte bislang, wir seien in einem Parlament und nicht bei der heiligen Inquisition», entgegnete Berndt. Diese Art der Fragestellung sei peinlich. Eine Antwort blieben sowohl Kaufner als auch Berndt aber schuldig.
Bei der hitzigen Debatte kam es zu zahlreichen Zwischenrufen. Der 8. Mai war kein Tag der Niederlage, sagte der SPD-Abgeordnete Ludwig Scheetz. «Doch» drang anschließend als Zwischenruf aus den AfD-Reihen. «Allein dieser Zwischenruf sagt alles aus», rief daraufhin Scheetz in Richtung der AfD.
Ministerpräsident mit klarer Meinung
Bei der Debatte ergriff auch Ministerpräsident Dietmar Woidke das Wort. Der 8. Mai sei ein Tag der Befreiung für viele Menschen in Europa gewesen, die unter der rechtsextremen Diktatur gelitten hätten, sagte er. Nie wieder dürften in diesem Land Rechtsextremisten Regierungsverantwortung tragen.
Finanzminister Robert Crumbach (BSW) sagte, dass aus der Erinnerung eine Verantwortung in der Gegenwart erwachse. Die CDU forderte einen differenzierten Blick auf den 8. Mai. Er sei ein Tag der Befreiung vom NS-Regime. Tatsächlich sei er aber mit Blick auf die Errichtung einer nachfolgenden Diktatur insbesondere für Ostdeutsche «ambivalent», sagte der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke.
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