Die Berliner Linke-Vorsitzende Franziska Brychcy denkt trotz der jüngsten Verwerfungen wegen Streits über Antisemitismus in der Partei nicht an Rücktritt. «Die Partei erwartet, dass wir uns jetzt nicht wegducken, sondern Verantwortung übernehmen», sagte die Politikerin, die den Landesverband gemeinsam mit Maximilian Schirmer führt, der Deutschen Presse-Agentur. Jetzt gehe es darum, der Partei Orientierung zu geben und dafür zu sorgen, dass sie ihrer Rolle als soziale Kraft auch gerecht werde.
Streit eskaliert
Im Streit um den richtigen Weg im Kampf gegen Antisemitismus hatten am Mittwoch fünf bekannte Abgeordnete die Partei verlassen. Es handelt sich um die früheren Senatoren Elke Breitenbach, Klaus Lederer und Sebastian Scheel, den früheren Fraktionsvorsitzenden Carsten Schatz sowie den Rechts- und Haushaltsexperten Sebastian Schlüsselburg.
Am 11. Oktober war es bei einem Linke-Landesparteitag zu einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus gekommen, der auch Judenhass von links thematisierte. Nachdem es keine Einigung gegeben hatte, verließen etliche Delegierte, darunter Lederer und die Bundestagsabgeordnete Petra Pau, die Versammlung.
Bisher gaben nur wenige Parteibuch ab
Bisher habe es im Kontext der Antisemitismusdebatte nur wenige Parteiaustritte gegeben, so Brychcy. Eine Häufung sei abgesehen von den fraglichen fünf Fällen nicht zu beobachten. Die Partei wolle ihren schon begonnenen Weg der Aufarbeitung des Parteitags und des Dialogs unter anderem mit der jüdischen Gemeinschaft fortsetzen und ein Maßnahmenpaket gegen Antisemitismus erarbeiten. Sie habe auch eine klare Beschlusslage gegen Antisemitismus.
Im Herbst 2023 verzeichnete die Berliner Linke im Zusammenhang mit der Gründung des BSW durch die Ex-Linke Sahra Wagenknecht einen ungewöhnlich starken Mitgliederzuwachs und Eintritte von mehr als 700 Menschen. Zuletzt zählte die Partei um die 7.500 Mitglieder. Brychcy glaubt nicht, dass diese Entwicklung für die Vorkommnisse auf dem Parteitag und darüber hinaus verantwortlich ist.
«Die neuen Mitglieder kommen aus der Breite der Gesellschaft», sagte sie. Es sei keineswegs so, dass hier radikale Kräfte am Werk seien. Außerdem seien die Delegierten des Parteitags schon vor Jahren gewählt worden.
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