Prenzlau (dpa/bb) - Begleitet von Protesten der AfD hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz in Prenzlau teils kritischen Fragen von Bürgern gestellt. Dabei verteidigte der SPD-Politiker die Ausweitung der Grenzkontrollen ebenso wie die Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Abgabe weitreichender Waffen an Kiew schloss Scholz jedoch auch für die Zukunft aus.
Eine Woche vor der Landtagswahl in Brandenburg empfingen mehrere Hundert Menschen in der Nähe der Marienkirche den Kanzler mit Sprechchören wie: «Scholz muss weg». Aufgerufen hatte die AfD. Die Rechtsaußenpartei lag in jüngsten Umfragen knapp vor der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke. Dieser will sein Amt als Regierungschef abgeben, wenn die AfD die Wahl gewinnt.
Woidke war auf Distanz zu etwaiger Wahlkampf-Unterstützung durch Scholz gegangen. «Wir haben es in Brandenburg Gott sei Dank nie nötig gehabt, geborgte Prominenz einzufliegen», hatte er im Juli gesagt. Scholz ging dennoch auf «Sommerreise» durch Brandenburg. Bei dem Bürgerdialog in der Prenzlauer Marienkirche beantwortete er mehr als eine Stunde lang Fragen. Die Stimmung blieb ruhig.
«Irreguläre Migration ist nicht das, was wir wollen»
Wichtiges Thema für die Fragestellerinnen und Fragesteller war die Migration. Scholz sagte, Deutschland brauche Zuwanderung von Fachkräften. Aber: «Irreguläre Migration ist nicht das, was wir wollen», sagte der SPD-Politiker. Wenn, wie im letzten Jahr, 300.000 Menschen nach Deutschland kämen, von denen nur ein Teil einen Schutzanspruch habe, «dann ist das nicht gut».
Deshalb müsse man genauer hinschauen, wer ein Recht zur Einreise habe. «Denn wir können uns ja leider nicht ganz darauf verlassen, dass alle unsere Nachbarn es so machen, wie sie es machen sollen.» Er betonte, dass man sich bei den Grenzkontrollen an europäisches Recht halten werde.
Nein zu Waffen mit großer Reichweite für die Ukraine
Viele Fragen drehten sich zudem um den Ukraine-Krieg. Scholz verteidigte immer wieder die deutsche Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. Zugleich betonte er, dass er immer eine besonnene und wohlüberlegte Linie verfolgt habe, wenn er zu immer mehr Waffenlieferungen gedrängt worden sei.
Scholz bekräftigte sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern, weil das «eine große Eskalationsgefahr» mit sich bringen würde. «Da habe ich nein gesagt. Und das gilt natürlich auch für andere Waffen, wenn wir sie geliefert hätten, die in dieser weiten Distanz dort hineinschießen könnten», sagte Scholz. «Das bleibt so. (…) Auch wenn andere Länder anders entscheiden.»
Verhandlungen über Rosneft-Anteile an PCK
Zur Zukunft der brandenburgischen PCK-Raffinerie sagte Scholz, die Menschen könnten sich darauf verlassen, dass die Bundesregierung Schwedt nicht alleine lasse. Er erwarte, dass Verkaufsverhandlungen über die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft, die die Mehrheit am PCK besitzen, bis zum Jahresende abgeschlossen seien.
Die Verhandlungen seien im Gang, deshalb habe die Bundesregierung die Treuhandverwaltung noch einmal verlängert, sagte Scholz. Man wisse, wer mit Rosneft rede. «Wir hoffen und gehen davon aus, dass bis zum Jahresende alles klar ist, sodass man dann die darauffolgende Zeit nutzen kann, die Dinge auch in Sack und Tüten zu bringen.»
Der Kanzler verwies zudem auf seine anstehende Reise nach Usbekistan und Kasachstan. Dort werde es auch um die Frage der Raffinerie mit zentralasiatischem Öl gehen. Details nannte Scholz dazu nicht.
Die Raffinerie in der Uckermark versorgt den Nordosten Deutschlands mit Benzin, Diesel, Heizöl und anderen Produkten. Früher verarbeitete sie nur russisches Öl aus der Pipeline Druschba. Die Bundesregierung entschied wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, ab Anfang 2023 auf russisches Pipeline-Öl zu verzichten. Seither hat die Raffinerie auf andere Bezugsquellen umgestellt und bezieht teils auch Rohöl aus Kasachstan.
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