Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sieht den Zugang zu staatlichen Hilfen als entscheidenden Baustein im Kampf gegen Armut. Sie bewertet aber trotz einer zuletzt leichten Zunahme der Armutsquote in Brandenburg die Entwicklung positiv. Die Armutsgefährdungsquote in Brandenburg folge seit vielen Jahren einem Abwärtstrend, sagte Nonnemacher am Donnerstag im Landtag in Potsdam. Brandenburg liege im bundesweiten Vergleich auf einem der vorderen Plätze.
Staatliche Hilfen würden von vielen Menschen mit geringerem Einkommen aber nicht in Anspruch genommen, sagte Nonnemacher. «Der zentrale Ansatzpunkt für die Bekämpfung verdeckter Armut ist daher die Verbesserung des Zugangs zu den bestehenden staatlichen Unterstützungssystemen.» Sie verwies auf die Familienzentren als «Pfeiler der Armutsprävention». Die Linksfraktion zeigte sich äußerst kritisch und verwies vor allem auf die Armut von Rentnern und Kindern.
Brandenburg hat nach Angaben des Paritätischen Gesamtverbandes die drittniedrigste Armutsquote im bundesweiten Vergleich. Der Anteil stieg nach einem Rückgang im vergangenen Jahr wieder leicht von 14,2 auf 15 Prozent, wie aus ersten Ergebnissen des Mikrozensus zur Armutsentwicklung 2023 hervorgeht. Nur in Bayern und Baden-Württemberg ist die Quote geringer. Bundesweit lag der Anteil 2023 bei 16,6 Prozent. Von 2021 zu 2022 war die Armutsquote in Brandenburg von 14,8 auf 14,2 Prozent gesunken.
Der Paritätische Gesamtverband bezieht sich in seiner Auswertung auf den Mikrozensus des Statistischen Bundesamts. Als arm gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens des Landes zur Verfügung haben. Nonnemacher verwies darauf, dass es sich bei den Daten für 2023 um Erstergebnisse handle, die sich noch ändern könnten.
Linksfraktionschef Sebastian Walter sieht einen Negativtrend. «In diesem Land geht es den Menschen nicht besser, sondern sie haben weniger im Portemonnaie als vor fünf Jahren», sagte Walter. «Vor allem die Altersarmut nimmt in den vergangenen Jahren zu.» Außerdem sei der Lohnabstand zwischen Ost- und Westdeutschland nicht gesunken. AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt befürchtete gar eine «langfristige Verarmung» in Deutschland.
Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke verwies zwar auf einen positiven Gesamttrend. «Wir gehören zu den drei Bundesländern, die ihre Armut in den letzten Jahren Stück für Stück weiter abbauen konnten», sagte Raschke. Aber: «Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer.» Er forderte «mehr Steuergerechtigkeit». Der frühere Sozialminister Günter Baaske (SPD) forderte «eine klügere Familienpolitik». Die Steigerungen für das Kindergeld und die Kinderfreibeträge sollten dafür verwendet werden, dass es Kindern besser gehe und ihnen etwa für Kindergarten und Schule direkt zukommen.
Der Armutsbericht für das Jahr 2022 wies für Brandenburg deutliche regionale Unterschiede bei der Armutsquote aus: Prignitz-Oberhavel kam auf 15,5, Lausitz-Spreewald auf 14,7 Prozent. Oderland-Spree lag bei 14,3, Havelland-Fläming bei 14,0 und Uckermark-Barnim bei 12,0 Prozent. Dabei wurden Landkreise zusammengefasst.
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