Der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn hat die Politik zu mehr Mut in Bezug auf ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD aufgefordert. «Viele politische Akteure scheuen davor zurück, weil sie befürchten, es könnte scheitern», sagte Salzborn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das hänge mit der Erfahrung aus dem gescheiterten zweiten Verbotsverfahren gegen die NPD zusammen. «Das hat zu einer Form von Lähmung in der politischen Auseinandersetzung geführt. Aber der Radikalisierungsprozess der AfD in Richtung Rechtsextremismus ist deutlich zu vernehmen.»
Ein Verbotsverfahren nur aus dem Blickwinkel eines möglichen Scheiterns zu bewerten, hält er für einen Fehler, wie Salzborn dem RND sagte. «Es ist Teil der Demokratie, mit bestimmten Versuchen, die Demokratie zu schützen, auch rechtlich scheitern zu können. Wir haben eine Gewaltenteilung. Wenn ein Gericht am Ende die Erkenntnisse anders bewertet als eine Regierung oder ein Parlament als Antragsteller, dann wird man damit leben müssen.»
Gerade in Hinblick auf das Thema Antisemitismus sei es notwendig, rechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen. ««Nie wieder ist jetzt» kann eben nicht nur eine Parole sein, sondern sie braucht auch ganz konkrete politischer Praxis.»
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft, was in erster Instanz gerichtlich bestätigt wurde und aktuell Gegenstand eines Berufungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Münster ist. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hat der Verfassungsschutz den jeweiligen AfD-Landesverband als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.
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