Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will Extremisten über die Finanzströme leichter als bisher verfolgen können. Der Landtag beriet am Donnerstag in Potsdam über einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen zur besseren Kontrolle von Geldströmen solcher Netzwerke. «Wenn Sie dem Gesetz zustimmen, ermöglichen Sie dem Verfassungsschutz, der Spur des Geldes zu folgen, um die Hinterleute extremistischer Bestrebungen zu identifizieren», sagte Stübgen. Der Innenausschuss wird sich weiter mit den Plänen beschäftigen.
Bisher kann der Verfassungsschutz zwar auch schon die Finanzströme von Extremisten verfolgen: Woher kommt das Geld, wo geht es hin? Aber der Geheimdienst darf nur tätig werden, wenn solche Netzwerke Gewalt einsetzen, zu Gewalt aufrufen oder zu Hass- oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufstacheln. Die Koalition ist der Ansicht, dass dies nicht mehr zeitgemäß ist und will das Verfassungsschutzgesetz ändern - nicht nur bei den Voraussetzungen. Auch die Abfrage von Kontodaten soll verankert werden. Global agierende Unternehmen sollen rechenschaftspflichtig sein, egal ob sie in Deutschland sitzen.
Der Minister hält die Pläne für einen entscheidenden Baustein, um die freiheitliche demokratische Grundordnung gegen extremistische Bestrebungen verteidigen zu können - «und zwar egal, woher sie kommen». Die großen Gefahren gehen aus seiner Sicht nicht mehr nur von extremistischer Gewalt aus, sondern auch von Propaganda und Falschinformationen.
Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke sieht mit der Abfrage von Kontodaten einen schweren Eingriff in die Grundrechte, verwies aber auch auf Begrenzungen: Die Abfrage soll nur im Einzelfall möglich sein, es muss Anhaltspunkte für schwere Gefahren geben und eine unabhängige Kommission muss sie genehmigen.
Die Linke, die den Verfassungsschutz äußerst kritisch sieht, stellte sich in der Debatte hinter die Behörde. Sie habe Vertrauen in den Verfassungsschutz und seine Arbeit, sagte Marlen Block, die auch Vorsitzende des Landtags-Innenausschusses ist.
Die AfD, größte Oppositionsfraktion, wandte sich vehement gegen den Gesetzentwurf. «Sie planen ein Verfassungsschutzgesetz, das die Verfolgung und die Ausspähung von Menschen ermöglicht, die sich gesetzestreu verhalten», sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt. «Sie machen sich (...) zu einer Gesinnungspolizei.» Landtags-Alterspräsidentin Marianne Spring-Räumschüssel warnte vor einer Bekämpfung der Opposition und zog einen Vergleich mit der DDR-Staatssicherheit (Stasi). Das wies Stübgen scharf zurück und sprach von «übelster Propaganda». «Sie hat Menschen getötet.» Die Stasi habe Menschen in den Ruin gebracht.
Der AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz Brandenburg als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Fraktionschef Berndt ist Gründer des Vereins Zukunft Heimat, den der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch einstuft. Die AfD lag in Brandenburg in den jüngsten Wahlumfragen bei der Sonntagsfrage vorn. Im September wird ein neuer Landtag gewählt.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten