Die AfD-Fraktion ist in ihrer Hochburg in Brandenburg mit der Wahl zum Kreistagsvorsitz gescheitert. Der Kreistag Spree-Neiße wählte in Forst (Lausitz) Torsten Schüler (FDP) aus der Fraktion Freie Bürger mit 29 Stimmen zum Vorsitzenden - er stand bisher auch schon an der Spitze. Der AfD-Politiker Daniel Münschke, der auch Landtagsabgeordneter ist, unterlag mit 21 Stimmen. Er erhielt allerdings rechnerisch mehr Stimmen als die der AfD-Fraktion.
Die AfD erreichte bei der Kommunalwahl in Spree-Neiße im Juni 38,2 Prozent - das war das höchste Ergebnis der 14 Kreistage und 4 Stadtverordnetenversammlungen. Die CDU kam auf 20,1 Prozent, die SPD auf 13,0 Prozent. Die AfD wuchs im Kreistag von 13 auf 19 Mitglieder. Sie hat aber nicht die Mehrheit der 50 Sitze. Bei der konstituierenden Sitzung wurde die Brandmauer der anderen gegen die AfD deutlich. Der Verfassungsschutz Brandenburg stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. In Südbrandenburg ist die AfD besonders stark.
Neuer alter Kreistagschef: «Wir schaffen das»
Der neue alte Kreistagsvorsitzende will gemeinsam Lösungen suchen. Das Ziel müsse sein, «dass wir uns hier gemeinsam streiten, aber im Konsens dann Kompromisse finden», sagte Schüler, der zur Fraktion Freie Bürger gehört. «Ich denke, wir schaffen das, wir kriegen das hin mit gemeinsamer Kraft, mit gemeinsamer Stärke.» In seiner kurzen Vorstellungsrunde warb der Arzt zuvor mit seiner bisherigen Erfahrung als Vorsitzender des Kreistags.
Der AfD-Kandidat für den Vorsitz, Daniel Münschke, hatte an alle appelliert, Verantwortung zu zeigen: Er verglich den Landkreis mit einem Schiff auf hoher See. «Es ist möglich, dass wir alle in unterschiedliche Richtungen rudern», sagte Münschke, der bisher Vizevorsitzender im Kreistag war. Das sei aber nicht das Ziel: «Wir müssen gemeinsam einen Kurs bestimmen, der uns in einen sicheren Hafen bringt.» Das brauche erfahrene Führung.
Münschke scheiterte auch bei den Wahlen zu den Vizeposten. Fred Kaiser von der CDU wurde erster, Mario Müller von der SPD zweiter Stellvertreter. Die AfD zeigte sich enttäuscht. «Jetzt ist es so, dass über 38 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Spree-Neiße-Kreis einen Weg vorgeschrieben haben», sagte Münschke. «Die möchten natürlich auch eine Repräsentation im Kreistagsvorsitz sehen.» Er warf den anderen Fraktionen vor, dass sie «diesen Wählerwillen natürlich ein Stück weit missachten» - auch wenn das demokratisch möglich sei.
Landrat zeigt sich zuversichtlich
Landrat Harald Altekrüger zeigte sich hingegen zufrieden. «Sicherlich ist die AfD die größte Fraktion, aber es ist nicht festgeschrieben, dass sie dann auch den Vorsitzenden stellen muss», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Der bisherige Vorsitzende habe bewiesen, dass er seinen Job gut gemacht habe. Er hofft darauf, dass der Kreistag trotz der neuen Mehrheitsverhältnisse gute Lösungen findet. «Ich bin da schon optimistisch, so wie die ersten Wahlgänge hier heute ausgegangen sind, dass das in Zukunft funktionieren wird.»
Am 22. September wird ein neuer Landtag in Brandenburg gewählt. Bisher liegt die AfD in Umfragen vorn. Sie gewann auch die Europa- und Kommunalwahl, auch wenn beide Wahlen nichts mit der Landtagswahl zu tun haben. Der Auftakt zum neuen Kreistag Spree-Neiße zeigt, dass die AfD trotz neuer Stärke keine Mehrheit bei entscheidenden Abstimmungen findet. Sie hat allerdings den Vorsitz der Ausschüsse für Wirtschaft, Verkehr und Bau, Landwirtschaft und Umwelt sowie für sorbisch-wendische Angelegenheiten.
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