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Koalition streicht Milliarden - auch 29-Euro-Ticket

Das 29-Euro-Ticket in Berlin ist bald Geschichte. (Archivbild) / Foto: Annette Riedl/dpa
Das 29-Euro-Ticket in Berlin ist bald Geschichte. (Archivbild) / Foto: Annette Riedl/dpa

Schwarz-Rot plant Einsparung von bis zu 300 Millionen Euro jährlich durch Abschaffung des Berliner 29-Euro-Monatstickets im ÖPNV.

Nach etlichen Jahren mit gut gefüllter Staatskasse steht Berlin vor einem milliardenschweren Sparprogramm. Ein prominentes Opfer ist das erst im Juli eingeführte 29-Euro-Ticket: Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr, soll der auch Berlin-Abo genannte Monatsfahrschein für den öffentlichen Personennahverkehr in der Stadt im kommenden Jahr abgeschafft werden. Schwarz-Rot will die veranschlagten Kosten von bis zu 300 Millionen Euro jährlich dauerhaft einsparen, im Haushalt 2025 geht es um 100 Millionen Euro. Zuvor hatte der «Tagesspiegel» berichtet. 

Das derzeitige 29-Euro-Ticket war erst im Juli 2024 in Form eines Jahres-Abos eingeführt worden und steht in Konkurrenz zum Deutschlandticket, mit dem Fahrgäste bundesweit für derzeit 49 Euro den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen können. Das Extra-Angebot für Berlin hatte es vor allem auf Wunsch der SPD 2023 in den Koalitionsvertrag geschafft. Auch die CDU hatte für preiswerte Mobilität geworben. 

Drei Milliarden Euro werden gestrichen

Insgesamt sollen im rund 40 Milliarden Euro umfassenden Landeshaushalt 2025 drei Milliarden Euro wegfallen, nun kristallisiert sich heraus, wo der Rotstift angesetzt wird. Laut einer vorläufigen Liste der Koalition, die seit dem Wochenende kursiert, sind Tausende Haushaltstitel in praktisch allen Bereichen betroffen. 

Überproportional hohe Einsparungen sind demnach in den Bereichen Verkehr, Umwelt und Klimaschutz mit etwa 650 Millionen Euro geplant. Das sind immerhin 18 Prozent des bisher angedachten Budgets. Bei der Kultur sollen 130 Millionen Euro wegfallen, rund 12 Prozent ihres Budgets. Etwas glimpflicher kommen etwa die Innenverwaltung (-129 Millionen Euro oder 4 Prozent) und die Sozialverwaltung (-75 Millionen Euro oder rund 4 Prozent) davon. Bei der Bildungsverwaltung, die ein besonders großes Budget hat, sollen etwa 370 Millionen Euro oder 6,5 Prozent gestrichen werden.

City-Tax dürfte steigen

Am frühen Abend kommen die Spitzen von CDU und SPD zu einem Koalitionsausschuss im Roten Rathaus zusammen, um sich endgültig auf das Gesamtpaket zu verständigen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen sind noch rund 350 Millionen Euro des anvisierten Einsparvolumens von drei Milliarden Euro offen - wo diese Summe wegfallen soll, wird formal im Koalitionsausschuss entschieden. 

Als ausgemacht gilt nach dpa-Informationen eine Erhöhung der City-Tax, die Touristen in Hotels zahlen müssen, von 5 auf 7,5 Prozent. Der Prozess der Angleichung der Besoldung im öffentlichen Dienst Berlins an Bundesniveau wird zeitlich gestreckt, das bringt 21 Millionen Euro. Bei der Sanierung des Jahn-Stadions sollen 24 Millionen Euro eingespart werden. 50 Millionen Euro soll eine Gewinnabführung der Wasserbetriebe bringen. Kostenloses Schulessen und gebührenfreie Kitas, ein Schwerpunkt der SPD, bleiben erhalten.

29-Euro-Ticket sollte günstigere Alternative zum Deutschlandticket sein

Als offen galt bis wenige Stunden vor dem Koalitionstreffen die Zukunft des 29-Euro-Tickets, diese ist nun aber geklärt. Zu welchem Termin es genau abgeschafft wird, ist unklar, aber wohl noch nicht im Januar. In den vergangenen Wochen war im Zuge der Beratungen über die Milliardeneinsparungen auch davon die Rede gewesen, das Ticket auf 39 Euro zu verteuern. Der Fahrschein berechtigt dazu, den gesamten ÖPNV, also Regionalbahnen, S-Bahnen, U-Bahnen, Trams, Busse und einige Fähren, zu nutzen - allerdings nur im Tarifbereich AB. 

Sparliste ist sehr lang 

Die konkrete Liste der voraussichtlichen Haushaltseinsparungen, die Hunderte Posten enthält, dürfte für die Empfänger in jedem Fall schmerzvoll sein - egal, ob es um Zehntausende, Hunderttausende oder Millionen von Euro geht. So bringt der Verzicht auf den Bau von zwei Grundschulen allein 95 Millionen Euro Ersparnis. Betroffen sind auch zahlreiche Förderprogramme etwa für die Wirtschaft, Radwege- oder Straßenbau. Geplant sind zudem höhere Parkgebühren, was bis zu 25 Millionen Euro bringen soll. 

Aus dem Haushalt werden auch 96 Millionen Euro gestrichen, die für die Beschaffung von E-Bussen eingeplant waren. Nach dpa-Informationen sollen die Busse nun von der BVG über Kredite finanziert werden - die Anschaffung ist also weiter vorgesehen, wird nur anders finanziert.

Kulturszene empört 

Zuletzt hatte nicht zuletzt die Kulturbranche lautstark gegen Kürzungen getrommelt. Laut vorläufiger Liste werden 2025 zum Beispiel zehn Millionen Euro für die Sanierung der Komischen Oper gestrichen. Die Berlinale wird demnach mit einer Million Euro weniger finanziert. Im Doppelhaushalt 2024/2025 waren ursprünglich zwei Millionen Euro an Förderung vorgesehen. Zudem müssen viele Theater, Museen und die Clubkultur Sparbeiträge leisten.

Die Kulturszene warnt seit Wochen vor Einschränkungen im Spielbetrieb, der Insolvenz von Spielstätten und dem Verlust von Arbeitsplätzen. «Ich bin entsetzt darüber, dass die Koalition trotz der großen Proteste und den ernsten Bedenken der Kulturschaffenden an Kürzungen für die Kultur von über zehn Prozent festhält», sagte Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, der Deutschen Presse-Agentur. In dieser Höhe und so kurzfristig ließen sich Sparmaßnahmen nur «mit radikalen Einschnitten» in die Vielfalt der Berliner Kultur umsetzen.

Theaterintendant: Müssen Produktionen streichen

Einsparungen von zehn Prozent bedeuteten für sein Theater in Mitte faktisch Kürzungen von rund 40 Prozent des künstlerischen Etats, rechnete Reese vor. «Natürlich sind unsere künstlerischen Planungen für die nächsten Jahre bereits gemacht. Wir versuchen nun, wo es geht, Produktionen zu verschieben, um keine Ausfallhonorare zahlen zu müssen, aber wir werden in den Spielzeiten 25/26 und 26/27 mindestens fünf Produktionen streichen müssen.»

Das Volumen des Berliner Landeshaushalts ist seit den Corona-Jahren stark auf etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Die schwarz-rote Koalition will es schrittweise reduzieren. Nach ersten Einsparungen im laufenden Jahr und den drei Milliarden für 2025 ist für 2026 von fünf Milliarden Euro die Rede. Die Frage, wie das 2026 funktionieren soll, wird erst bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2026/2027 im kommenden Jahr beantwortet.

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