Der designierte Alterspräsident Reinhard Simon ruft zu mehr Offenheit und Respekt im Brandenburger Landtag auf und lehnt eine Ausgrenzung der AfD ab. «Brandmauern nützen uns nicht, wenn es doch stets um die in der Sache gern harte, aber fachliche und faire Auseinandersetzung gehen sollte», sagte der Abgeordnete vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) der Deutschen Presse-Agentur. «Ein ideales Parlament sollte in der Lage sein, die Kunst des Zuhörens der Argumente zu trainieren und weniger die Meinungen anderer mit Buh-Rufen zu begleiten.
Der BSW-Abgeordnete wird die konstituierende Sitzung am Donnerstag eröffnen. Der ehemalige Intendant der Uckermärkischen Bühnen in Schwedt wendet sich - auch mit Blick auf die Frage des Umgangs mit der AfD - gegen Ausgrenzung. Simon verwies auf das Zitat der Kommunistenführerin Rosa Luxemburg: «Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden». «Davon sollten wir uns eine Scheibe abschneiden», sagte Simon. BSW-Landeschef Robert Crumbach will nicht mit der AfD zusammenarbeiten, hat aber deutlich gemacht, dass das BSW zustimmen wird, wenn es einen Antrag der AfD «in der Sache» für richtig hält.
Simon: «Alle in einem Boot»
Der neue Landtagsabgeordnete setzt auf Gemeinschaft. «Als gebürtiger Rostocker gefällt mir die Metapher, dass wir alle in einem Boot sitzen», sagte Simon. «Da drin muss man miteinander auskommen, auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Konstruktiv und streitbar natürlich, aber immer mit dem Fokus aufs Wesentliche: Und das bedeutet in der Demokratie, dass wir für die und im Interesse der Brandenburger Bürger arbeiten.»
Als ehemaliger Theater-Intendant will er seine Erfahrungen einbringen. «Besonders wichtig ist mir dabei, Kultur und Bildung miteinander zu verknüpfen», sagte Simon. «Damit meine ich nicht nur den Bereich der Kunst. Ich möchte, dass unsere Gesellschaft kulturvoller miteinander umgeht.» Er schlug vor, ab einer bestimmten Altersstufe in der Schule das Fach Rhetorik einzuführen.
Alterspräsident zieht Parallelen zum Theater
Der heute 73-Jährige studierte Theaterwissenschaften in Leipzig
und Schauspiel in Rostock. Seit 1974 arbeitete er als Regisseur und Schauspieler in Görlitz/Zittau, Schwedt, Annaberg, Dresden und Stralsund. Von 1990 bis 2019 war er Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt und arbeitete auch eng mit polnischen Theatern zusammen.
«Man kann vieles vom Theater lernen», sagte Simon. «Auch das Parlament stellt in gewisser Weise eine Bühne dar. Durch das Aufeinanderprallen von Interessen entstehen Konflikte und die gilt es zu lösen.»
Eine Landtagskrise wie in Thüringen soll sich nach Ansicht von Simon in Brandenburg nicht wiederholen. «Was im Thüringer Landtag passiert ist, hat möglicherweise mit nicht ausreichender Vorbereitung und unnötiger Konfrontation zu tun», sagte er der «Märkischen Allgemeinen». «Ich appelliere an alle Fraktionen, dass es im Brandenburger Landtag anders läuft.» Der Alterspräsident des Thüringer Landtags, Jürgen Treutler von der AfD, hatte sich erst nach einem Spruch der Verfassungsrichter an die Regeln gehalten.
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