Die Kritik von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge hat eine hitzige Debatte ausgelöst. «Das ist hochgefährlich, er will Menschen in den Tod schicken», sagte Linksfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag in Potsdam. Die Kritik Stübgens sei ein Fehler, weil es zu wenig Sprachkurse gebe und das Erteilen der Arbeitserlaubnis lange dauere. «Das Bürgergeld ist das einzig Sinnvolle, was man tun kann, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen.» Walter warf Stübgen vor, aufgrund «von rassistischen Stimmungen in diesem Land» zu versuchen, Ukrainer in den Krieg zu schicken. Er forderte den Rücktritt des Innenministers.
Stübgen ist der Ansicht, die Beschäftigungsquote von Ukrainern sei verschwindend gering, weil das Bürgergeld «zum Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme» geworden sei. «Es passt nicht zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren», hatte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag) gesagt. «Unabhängig davon hat sich die Entscheidung, Flüchtlingen aus der Ukraine sofort Bürgergeld zu zahlen, als grundsätzlicher Fehler erwiesen.» Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit erhielten von rund 12 800 erwerbsfähigen Ukrainerinnen und Ukrainern in Brandenburg im Mai rund 4750 Bürgergeld.
SPD-Fraktionschef Daniel Keller sagte, der Fokus müsse darauf liegen, Ukrainer zügig in Arbeit zu bekommen. «Wir müssen feststellen, dass es uns noch nicht gelungen ist, ausreichend Ukrainerinnen und Ukrainer in den Arbeitsmarkt zu bringen», sagte Keller.
Die CDU-Fraktion wies Kritik an Stübgen zurück. «Niemand schickt Menschen in den Tod», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Steeven Bretz. Es sei legitim, dass Stübgen als Vorsitzender der Innenministerkonferenz auf das Thema aufmerksam mache, über das die Ressortchefs bei ihrer Tagung in Potsdam in dieser Woche reden wollten.
Die Grünen hatten die Forderung Stübgens als unverantwortlich kritisiert. SPD, CDU und Grüne regieren seit 2019 in Brandenburg gemeinsam. Im September wird ein neuer Landtag gewählt.
Die AfD-Fraktion warf der CDU vor, ihre Positionen zu übernehmen. «All unsere Warnungen, dass dieses Bürgergeld ein Magnet ist und dass man das nicht so handhaben sollte, dass es auch nicht gerecht ist, dass ein Ukrainer sofort ins Sozialgesetzbuch kommt, ist ja alles abgetan worden auch von der CDU», sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt.
Die Freien Wähler schlossen sich der Forderung der Linken nicht an, zeigten sich aber auch kritisch. «Auf Dauer ist es in der Tat nicht tragbar mit diesen Zahlungen», sagte der Sprecher der Gruppe BVB/Freie Wähler, Péter Vida. Es gebe die Möglichkeit, den Bundesfreiwilligendienst auszuweiten. «Wir schlagen vor, dass hier ein eigener Rechtskreis geschaffen wird für ukrainische Flüchtlinge, entsprechend dort gemeinnützige Tätigkeit gegen entsprechende Entlohnung auch zu vollziehen.»
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