Berlin bekommt ein verschärftes Hochschulgesetz. Dadurch wird eine Exmatrikulation von Studierenden bei gewissen Ordnungsverstößen wieder möglich. Dafür gelten aber hohe Hürden. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat die entsprechende Änderung bei der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause beschlossen. Eine Exmatrikulation ist danach nur als letztes Mittel vorgesehen und nur im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung. Kommt es zu einer Exmatrikulation, dürfen Studierende sich zwei Jahre lang nicht wieder an der Hochschule einschreiben.
Nach der Neuregelung liegt ein Ordnungsverstoß vor, wenn ein Student in Bezug zur Hochschule «durch Anwendung von körperlicher Gewalt, durch Aufforderung zur körperlichen Gewalt oder durch Bedrohung mit körperlicher Gewalt ein Mitglied der Hochschule in der Ausübung seiner Rechte und Pflichten erheblich beeinträchtigt».
Exmatrikulation ist nur eine von mehreren vorgesehenen Maßnahmen
Als Verstöße gelten auch sexuelle Belästigung und «vorsätzliche Straftaten» in Einrichtungen der Hochschule, die der Hochschule «erheblichen Schaden zufügen». Neben der Exmatrikulation sind als mögliche Maßnahmen auch der Ausspruch einer Rüge, der Ausschluss von der Benutzung bestimmter Einrichtungen der Hochschule, der Ausschluss von der Teilnahme an einzelnen Lehrveranstaltungen bis zu einem Semester und die Androhung der Exmatrikulation vorgesehen. Eine Verschärfung gibt es auch beim Hausrecht. So kann ein Hausverbot künftig «bei extremen Fällen» für neun Monate verhängt werden. Bisher waren es nur drei.
Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp, sagte im Parlament, es sei ein wirksames und ein verhältnismäßiges Ordnungsrecht und kein Papiertiger. Es sei andererseits kein Ordnungsrecht, das auch nur die Gefahr berge, den kritischen Diskurs an Universitäten einzuschränken. Exmatrikulationen seien die «Ultima Ratio».
Grüne kritisieren die Gesetznovelle als Schnellschuss
Schwarz-Rot konnte die Opposition nicht überzeugen: Grünen-Abgeordnete Laura Neugebauer bezeichnete die Änderung als einen Schnellschuss, der das Problem nicht löse. Linke-Abgeordneter Tobias Schulze kritisierte, es handle sich um Law-and-Order-Symbolpolitik. Das überarbeitete Hochschulgesetz sei nicht praxistauglich mit Blick auf den Opferschutz. Es werde nicht dazu beitragen, an den Hochschulen irgendetwas zu verbessern. Grüne, Linke und AfD stimmten gegen die Gesetzesverschärfung.
Auslöser für die Gesetzesnovelle war eine mutmaßlich antisemitisch motivierte Gewalttat Anfang Februar: Der jüdische FU-Student Lahav Shapira kam damals mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus. Ein propalästinensischer Kommilitone soll ihn auf einer Straße in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben. Die Staatsanwaltschaft ging von einem gezielten Angriff und einem antisemitischen Hintergrund aus. Sie nahm Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung auf und ordnet den Fall der Hasskriminalität zu.
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