Die Berliner Grünen-Fraktion fordert die Einführung einer «Lizenz zum Vermieten». Dabei sollen alle größeren Vermieter in der Stadt verpflichtet werden, bestimmte Kriterien und Sozialstandards zu erfüllen. «Wir werden dazu im Herbst ein Gesetz vorlegen», kündigte Grünen-Fraktionschef Werner Graf im Interview der Deutschen Presse-Agentur an. «Dieses schreibt genau vor, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, damit man hier in Berlin vermieten darf.»
Nach den Vorstellungen der Grünen soll das Wohnungswirtschaftsgesetz für Vermieter greifen, die mindestens 80 oder 100 Wohnungen bewirtschaften. «Die genaue Zahl haben wir noch nicht festgelegt», so Graf. Für diese gebe es dann – gestaffelt nach Größe ihres Wohnungsportfolios – Vorgaben.
«Wir sagen zum Beispiel, bei einem Bestand von 1.000 bis 3.000 Wohnungen müssen 15 Prozent Sozialwohnungen bereitgestellt werden», erläuterte Graf. «Ab 3.001 Einheiten müssen es 25 Prozent Sozialwohnungen sein. Wir wollen das staffeln, denn natürlich können größere Unternehmen auch mehr leisten.»
Pflicht zur Instandhaltung
Eine weitere Voraussetzung für den «Vermieterführerschein», wie Graf es formuliert, soll die Verpflichtung sein, Wohnungen wirklich instand zu halten. «Wir wollen, dass regelmäßig Gelder in die Instandhaltung fließen müssen und diese dauerhaft durchgeführt wird. Damit nicht, wie wir es im Augenblick sehen, einige Vermieter nur Renditen aus den Häusern ziehen und sie verfallen lassen, auch damit die Mieter dann rausgedrängt werden können.»
Teil des Gesetzes sollen auch Regelungen für mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt sein. «Wir fordern, dass Vermieter angeben müssen, zu welchen Preisen sie ihre Wohnungen vermieten oder ob eine Eigenbedarfskündigung droht. Ein solches Miet- und Wohnungskataster ist längst überfällig für Berlin.»
Wohnungskataster könnte mehr Transparenz bringen
Die Übersicht über die Miethöhen in ganz Berlin, über die schon lange diskutiert wird, könnte nach Auffassung Grafs mietendämpfend wirken. «Anders als der Mietspiegel, der nur die Mietsteigerungen in einem bestimmten Zeitraum in den Blick nimmt, fließen hier deutlich mehr Wohnungen in die Berechnung mit ein. Das betrifft auch die mit sehr alten, preiswerten Mietverträgen.» Das Niveau der qualifizierten Vergleichsmiete, an dem sich Vermieter bei Neuvermietungen orientieren müssen, könnte Graf zufolge dadurch sinken.
Die Regelungen überprüfen und durchsetzen könnte nach den Vorstellungen der Grünen eine Behörde: «Prinzipiell sprechen wir uns schon länger dafür aus, ein Landesamt für Wohnungswesen aufzubauen, bei dem sich die Vermieter dann melden müssen.»
Ablehnung bei anderen Fraktionen
Bei anderen Fraktionen stieß Grafs Vorstoß zumeist auf Ablehnung. CDU-Bau- und Mietenexperte Christian Gräff bezeichnete die Idee eines «Vermieterführerscheins» als «Unsinn». So seien die genannten Kriterien, ab welcher Größe des Wohnungsportfolios das gelten soll, völlig willkürlich gewählt. Er bezweifle auch, dass ein Mietenkataster preisdämpfend wirke, aber darüber könne man reden.
AfD-Fachpolitiker Harald Laatsch erklärte: «Die Grünen verabschieden sich mit dieser Schnapsidee endgültig aus der Realität.» Die Abwegigkeit zeige sich schon in der Forderung, je nach Größe des Wohnungsbestandes eine Mindestquote an Sozialwohnungen einzuführen. «Dass Wohnungen, die zu freien Marktkonditionen gebaut wurden, zu Sozialtarifen vermietet werden könnten, ohne dass der Vermieter daran pleitegeht, funktioniert vielleicht im grünen Bullerbü, aber nicht im wahren Leben.»
Die Sprecherin für Wohnen und Mieten der SPD-Fraktion, Sevim Aydin, warf die Frage auf, ob das Land hier überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz hat. «Es wäre wichtig, hier keine Luftschlösser zu bauen und Mieterinnen und Mietern nur Sand in die Augen zu streuen.» Ein Sprecher der Linke-Fraktion sagte hingegen, man stehe der Idee aufgeschlossen gegenüber.
Graf verlangt mehr Mieterschutz
Die Koalition von CDU und SPD tut nach Einschätzung des Grünen Graf momentan nichts, um Menschen langfristig vor immer weiter steigenden Wohnkosten, Eigenbedarfskündigungen oder fehlenden Sozialwohnungen zu bewahren. «Wenn es um den Mieterschutz geht, legt Schwarz-Rot die Hände in den Schoß und verlässt sich alleine auf den Markt. Oder ob der Bund aktiv wird. Und hier, bin ich überzeugt, muss es in Berlin wieder echte Anstrengungen für den Mieterschutz geben», so der Fraktionschef.
Entscheidend sei, dass Maßnahmen rechtlich verbindlich seien. «Denn wir sehen, auf diese ganzen Absichtserklärungen im Rahmen des freiwilligen, unverbindlichen Wohnungsbündnisses kann sich doch niemand verlassen. Das war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.» Das Bündnis zwischen Senat, Wohnungsverbänden und Vermietern sei nur da, «damit man für Instagram mal ein, zwei schöne Fotos posten kann», meinte Graf.
Vor kurzem war bekanntgeworden, dass Vonovia als größter privater Vermieter in Berlin Tausende Mieterhöhungen verschickt hat. Der Konzern schöpft dabei die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit aus, die Miete innerhalb von drei Jahren um 15 Prozent zu erhöhen. In dem 2022 gegründeten Berliner Wohnungsbündnis hatte man sich indes auf eine sogenannte Kappungsgrenze von 11 Prozent in drei Jahren verständigt.
«Schwarz-Rot liefert die Berliner Mieterinnen einfach der Willkür aus. Und setzt keine Regeln», meinte Graf. «Das ist falsch. Wie bei vielen anderen Bereichen wollen wir hier auch Regeln. Und für die meisten Berufe brauche ich eine Ausbildung. Wer heute einen Friseurladen aufmachen will, braucht einen Meisterbrief. Nur vermieten darf jeder ganz ohne Regeln. Das kann nicht so weitergehen.»
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