Als Folge aus dem tödlichen Messeranschlag von Solingen will Brandenburg Abschiebungen von Migranten künftig besser durchsetzen und ein Untertauchen von Flüchtlingen verhindern. «Zwei von drei Abschiebungen scheitern», sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) in Potsdam nach Beratungen in der Staatskanzlei mit Landräten und Oberbürgermeistern zur Migrations- und Sicherheitspolitik. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, aber untertaucht, soll sofort zur Ermittlung des Aufenthalts und zur Fahndung ausgeschrieben werden, wie es in einer gemeinsamen Erklärung heißt.
Schritte zur Durchsetzung von Abschiebungen vereinbart
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verständigte sich mit den Landräten und Oberbürgermeistern auf insgesamt elf Punkte zur Migration und Sicherheit.
Alle Möglichkeiten müssten genutzt werden, um besonders Menschen abzuschieben, die sich nicht integrieren wollten, straffällig geworden seien und ein Risiko für Mitmenschen darstellten, sagte Regierungschef Woidke rund zwei Wochen vor der Landtagswahl. «Wir stehen dafür, dass sich der Staat als starker Staat erweist».
Der Vorsitzende des Landkreistages, Landrat Siegurd Heinze (parteilos) sagte zu der getroffenen Vereinbarung: «Wir tragen das nach einiger Diskussion alle mit». Zu den Plänen gehören auch Waffenverbotszonen und die Ausweitung der Videoüberwachung.
Versäumnisse in Solingen beklagt
Ende August starben in Solingen bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag drei Menschen. Laut NRW-Regierung hatten Versäumnisse bei kommunalen Behörden und fehlende Flugmöglichkeiten eine rechtzeitige Abschiebung verhindert.
Härteres Durchgreifen der Ausländerbehörden geplant
Innenminister Michael Stübgen (CDU) nannte die Einrichtung von bis zu drei Ausreisezentren nach dem Modell von Schleswig-Holstein als Ziel. «Diese Ausreisezentren haben dann auch die Möglichkeit, dass die Abwesenheit oder das Untertauchen von solch einem Ausländer binnen 24 Stunden spätestens erkannt wird», sagte Stübgen. Damit seien solche Fälle wie in Solingen nicht möglich. Wer untertaucht, verliert auch seinen Anspruch auf Geldleistungen. Migranten, deren Asylverfahren abgelehnt ist, sollen künftig einmal monatlich persönlich bei den zuständigen Behörden in den Landkreisen erscheinen.
Mehr Abschiebungen im Halbjahr 2024
2023 wurden nach Regierungsangaben 784 Menschen aus Brandenburg abgeschoben. Die Tendenz sei steigend hieß es. Im ersten Halbjahr 2024 waren es demnach 452 Abschiebungen.
In der Erklärung von Woidke und den Kommunen wird auch an die Bundesregierung appelliert, die Dublin-Verordnung auszusetzen, um eine Entscheidungskontrolle an den Grenzen zu haben. Der Verordnung zufolge ist immer nur ein EU-Mitgliedsstaat für die Prüfung und die Abwicklung von Asylverfahren zuständig. Ein Kriterium ist der erste Einreisestaat.
Vorwurf der Wahlkampfshow mit Migrationsthemen
Die Landrätekonferenz sorgte auch für Unmut und Kritik. Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) nahm nicht an der Konferenz teil. Woidke kritisierte, sie habe sich geweigert.
CDU-Landtagsfraktionschef und Spitzenkandidat Jan Redmann sagte: «Eine Landrätekonferenz darf keine Wahlkampfshow sein». Landräte seien der falsche Adressatenkreis. Der Grünen-Spitzenkandidat Benjamin Raschke kritisierte: «Mit hektischem Aktionismus und Schnellschüssen im Überbietungswettbewerb erreicht man gar nichts».
Weitere geplante Maßnahmen nach Migrationskonferenz
- Die Kommunen wollen Waffenverbotszonen einführen. Dabei sollen auch anlasslose Personenkontrollen möglich und damit die Befugnisse der Polizei erweitert werden.
- Die Videoüberwachung soll ausgeweitet werden.
- Asylverfahren bei den Gerichten sollen mit der Einrichtung einer zentralen Asyldokumentationsstelle beschleunigt werden.
- Die Landesregierung bietet für Abschiebungen Rückführungsteams an, die dezentral die kommunalen Ausländerbehörden unterstützen.
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