Kurz vor dem Landesparteitag ist bei der Berliner SPD einiges in Bewegung geraten. Acht Abgeordnete der Fraktion im Landesparlament haben angekündigt, eine Gruppe von SPD-Parlamentariern gründen zu wollen. «Unser Name «links und frei» ist inspiriert von der Autobiografie Willy Brandts, aber auch ein programmatischer Hinweis. Die Strömung versteht sich als links, frei und sozial-ökologisch», heißt es in einer Mail an die übrigen Fraktionsmitglieder, die der dpa vorliegt. «Wir möchten über weitere Schritte gemeinsam beraten.» Die acht Abgeordneten, darunter Ex-Finanzsenator Matthias Kollatz, haben zu einem ersten Treffen für den frühen Donnerstagabend ins Abgeordnetenhaus eingeladen. Zuerst hatte der «Tagesspiegel»-Newsletter «Checkpoint» darüber berichtet.
Kollatz war am Dienstag bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden als Gegenkandidat zu Raed Saleh angetreten, der mit 25 Stimmen wiedergewählt wurde. Kollatz erhielt acht Stimmen - also so viele, wie die Mail unterzeichnet haben. Den acht Abgeordneten geht es nach eigenem Bekunden darum, einen grundlegenden Blick auf die Zukunft der Fraktionsarbeit zu werfen. Eingeladen seien alle Fraktionsmitglieder, die die «Regierungs- und Fraktionsarbeit kritisch-konstruktiv begleiten möchten, Meinungsvielfalt als einen Mehrwert für politische Diskurse verstehen und den Anspruch teilen, dass die Glaubhaftigkeit unseres Handelns von der Partei, ihren Statuten und Beschlüssen getragen wird».
Am Mittwoch hatten Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel und Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini die Gründung einer Gruppe innerhalb der SPD angekündigt. Das Duo war bei der SPD-Mitgliederbefragung zur künftigen Doppelspitze im Landesverband als Sieger hervorgegangen. Ihre Wahl ist beim Parteitag am Samstag vorgesehen.
Ziel des neuen «Berliner Bündnisses» soll sein, «intensive Debatten über Themen voranzubringen und sie als Motor weiter in die Breite der Partei zu führen.» An der Gründung unter dem Motto «Mehr SPD wagen» sind den Angaben zufolge rund 80 Berliner SPD-Mitglieder beteiligt gewesen. «Wir wollen damit vor allem Menschen wieder in die Parteiarbeit integrieren, die sich zuletzt nicht mehr bei uns engagiert haben», sagte Hikel. «Gemeinsam erarbeiten wir im Bündnis Ideen für unsere Vision vom Berlin 2035.»
Der bisherige stellvertretende Landesvorsitzende Kian Niroomand kandidert am Samstag nicht wieder. «Nach dem intensiven Wettbewerb um den Landesvorsitz brauchen wir nun einen dynamischen Prozess, in dem die Partei mit ihren Strömungen wieder zusammenfinden muss», sagte er dem «Tagesspiegel» (Donnerstag). «Ich werde diesen Prozess begleiten, jedoch nicht mehr als Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands, sondern als Kreisvorsitzender des zweitgrößten Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf.»
Niroomand war bei der SPD-Mitgliederbefragung zusammen mit der früheren Vorsitzenden der SPD-Frauen, Jana Bertels, angetreten - aber in der Stichwahl gegen Hikel und Böcker-Giannini gescheitert. Niroomand und Bertels gelten als Vertreter der Linken in der Berliner SPD, Hikel und Böcker-Giannini als eher konservativ-bürgerlich.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten