Eine Mitgliederbefragung über die neue Doppelspitze könnte der Berliner SPD nach Einschätzung von Parteichef Raed Saleh guttun. «Innerhalb unserer Partei verspüre ich einen starken Wunsch nach Beteiligung, der mir sehr am Herzen liegt», sagte Saleh, der selbst wieder antritt, der Deutschen Presse-Agentur.
«Unsere Mitglieder, die in Kitas, Kneipen und Betrieben für die SPD einstehen, verdienen es, in den Entscheidungsprozess einbezogen zu werden.» Sie hätten in schwierigen Zeiten Hingabe gezeigt. «Mein Gefühl ist, eine Entscheidung, die auf breiter Basis getroffen wird, kann die Legitimation und Einheit unserer Partei stärken.»
Saleh weiter: «Selbstverständlich wäre auch eine Entscheidung allein auf dem Parteitag legitim.» Beides habe seine Vor- und Nachteile. «Ich selbst bin offen für beides, doch ich verspüre schon bei vielen in der Partei aktuell den Wunsch nach einer ganz breiten Beteiligung. Und Beteiligung ist mir willkommen, die SPD war immer eine Mitmach-Partei.»
Drei Duos treten gegeneinander an
Für die Doppelspitze der Berliner SPD gibt es drei Kandidatenduos. Saleh tritt gemeinsam mit der jungen Bezirkspolitikerin Luise Lehmann aus Marzahn-Hellersdorf an. Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel bewirbt sich zusammen mit Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini. Das dritte Duo bilden der bisherige stellvertretende Landesvorsitzende Kian Niroomand und die Co-Vorsitzende der Berliner SPD-Frauen, Jana Bertels.
Die Wahl der neuen Doppelspitze ist auf einem Parteitag Ende Mai geplant. An diesem Montag (26.2.) will der SPD-Landesvorstand beraten und entscheiden, ob eine Mitgliederbefragung vorgeschaltet wird. Egal, ob die nun kommt oder nicht - eine Art Wahlkampf der Kandidatenduos wird es auf jeden Fall geben. Geplant sind dazu unter anderem mehrere Mitgliederforen.
Saleh geht davon aus, dass dieser innerparteiliche Wettstreit der SPD auch für die Europawahl am 9. Juni neuen Schwung verleiht. «Ich bin überzeugt, dass unsere gemeinsamen Aktivitäten und die engagierte Beteiligung der Parteibasis uns im Europawahlkampf stärken werden», sagte er. «Es ist unsere Chance, zu demonstrieren, dass die SPD diese Herausforderungen mit Respekt und Wertschätzung meistern kann.»
Er freue sich auf diese Phase. «Denn ich glaube, dass uns das am Ende als Partei hilft. Der Wettbewerb um den besten Weg für unsere Partei kann uns beflügeln. Und die Kandidaten, die jetzt antreten, tun das aus einer Haltung heraus, das Gute für die Partei zu suchen. Deshalb freue ich mich auf diesen Austausch über die besten Konzepte und Ideen für die SPD und für die Stadt.»
Saleh ist langjähriger SPD-Fraktionschef. Seit November 2020 führt er die Berliner SPD gemeinsam mit Franziska Giffey. Giffey, bis April 2023 Regierende Bürgermeisterin, hat bereits erklärt, nicht wieder anzutreten. Hintergrund: Im Mai 2023 hatten die Delegierten eines SPD-Landesparteitags beschlossen, dass die Doppelspitze künftig «nicht vollständig» aus Menschen bestehen soll, die gleichzeitig maßgeblich die Regierung tragen.
Mit Berlins SPD geht es seit Jahren bergab. Bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus 2023 fuhr sie mit 18,4 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis ein und landete weit hinter der CDU. Anschließend ging die Partei nach rund sechseinhalb Jahren Bündnis mit Grünen und Linken eine Koalition mit der CDU ein - als Juniorpartner. Eine Mitgliederbefragung vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags ergab nur eine knappe Mehrheit dafür.
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