Brandenburg hat mit Abstand die meisten Wolfsrudel in Deutschland. Für die bevorstehende Regierung aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist künftig die Jagd auf die Tiere nicht mehr tabu. Es soll Möglichkeiten geben, den Wolfsbestand zu verringern.
Bislang ist das Töten von Wölfen in Deutschland strafbar. Nur in wenigen Einzelfällen und mit Ausnahmegenehmigung des Landesamtes für Umwelt ist es in Brandenburg möglich, ein Tier unter bestimmten Bedingungen zu schießen, wenn es großen Schaden etwa wegen Weidetier-Rissen angerichtet hat.
Der Umgang mit dem streng geschützten Wolf sorgt für einen Dauerkonflikt zwischen Jägern, Landwirten und Natur- und Tierschutzorganisationen. Wegen Streifzügen auch nahe von Wohnsiedlungen lösen die Tiere auch Besorgnis in der Bevölkerung aus.
SPD und BSW wollen Möglichkeiten für Regulierung des Wolfsbestands
Im Koalitionsvertrag von Sozialdemokraten und BSW heißt es jetzt: «Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um ein Bestandsmanagement für den Wolf und den Biber einzuführen. Im Bund setzen wir uns für die notwendigen rechtlichen Änderungen ein.» Weitere Details fehlten im Vertrag.
Es geht um Möglichkeiten, Wölfe auch in größerer Zahl schießen zu dürfen. Hintergrund sind etwa steigende Zahlen von Weidetier-Rissen - vor allem von Schafen - durch Wölfe. «Ziel ist ein Bestandsmanagement statt der Suche nach einzelnen Wölfen», sagte SPD-Politiker David Kolesnyk, der den Koalitionsvertrag mitverhandelt hat. Auch das BSW zieht nach eigenen Aussagen mit.
Zuletzt wurde vom Bundesumweltministerium vorgeschlagen, Abschüsse einzelner Problem-Wölfe nach zunehmenden Schafsrissen zu erleichtern. Dem Jagdverband etwa reichte ein solches Vorgehen nicht.
Der hohe Wolfsbestand in Brandenburg würde es auch nach EU-Recht ermöglichen, die Population zu reduzieren, sagte SPD-Generalsekretär Kolesnyk der dpa. Dafür müssten die sogenannten Wolfsregionen in Deutschland an die tatsächliche Verbreitung angepasst werden. Es wird damit die Haltung vertreten, dass der Bestand allein in Brandenburg so hoch ist, dass der Wolf nicht mehr als stark gefährdet angesehen werden kann.
Welche Schritte ganz konkret geplant sind, nennt der Koalitionsvertrag nicht. Ob eine Abschussquote und Obergrenzen bei der Zahl der Wölfe angestrebt wird - wie es der Landesjagdverband fordert - scheint bisher nicht festgelegt. Ausrotten will den Wolf niemand, wie Politik und Verbände immer betonten.
Nach der bisherigen Wolfsverordnung in Brandenburg dürfen einzelne Wölfe geschossen werden, wenn sie überdurchschnittlich viele Weidetiere in ihrem Territorium und in einem bestimmten Zeitraum trotz Schutzzäunen getötet haben.
Kommt ein Kurswechsel in Deutschland?
In Deutschland und der EU gibt es seit einiger Zeit aber bereits einen Kurswechsel im Umgang mit dem Wolf. Vertreter der EU-Staaten hatten im September mit der Stimme Deutschlands für einen abgesenkten Schutz gestimmt - von streng geschützt auf geschützt. Damit wurde der Weg für ein Verfahren frei gemacht, um den Wolfsbestand regulieren zu können. Praktische Fragen werden erst noch geklärt.
«Da, wo wir eine hohe Weidetierhaltung haben, hat der Wolf nichts zu suchen, so machen es die Schweden ja auch», sagte Landesbauernpräsident Henrik Wendorff, der eine Exkursion nach Schweden vorschlug.
Der Jagdverband reagierte zufrieden auf den im Koalitionsvertrag genannten Plan und drang auf zügige Regelungen. «Es muss also schnell gehandelt werden – wir brauchen eine deutliche Reduzierung des aktuellen Wolfsbestands, die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht und eine dauerhafte Jagdzeit für den Wolf», so der Verband, der zu viele Nutztier-Risse beklagte.
«Wir haben in Brandenburg nun hoffentlich die Möglichkeit, dass wir dieses Thema ohne Einfluss von grüner Ideologie angehen können (...)», meinte der Geschäftsführer und Jäger Kai Hamann mit Blick auf den vorherigen Agrarminister Axel Vogel von den Grünen. Nun wird Hanka Mittelstädt von der SPD für den Posten in der neuen Regierung gehandelt. Sie ist selbst Landwirtin und Vorstandsvorsitzende des Agrarmarketingverbandes Pro Agro.
Nabu sieht keine Konfliktlösung
Der Naturschutzbund Nabu beklagte mit Blick auf den Koalitionsvertrag dagegen, die Parteien agierten hier wenig konstruktiv und könnten so die bestehenden Konflikte nicht lösen. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und andere Verbände hatten die Politik aufgefordert, sich verstärkt gegen illegalen Wolfsabschuss und Wilderer einzusetzen.
Die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Wolfsrudel stieg nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz auf 209. Brandenburg hat mit 58 die meisten Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37). Im vorangegangenen Monitoring-Zeitraum 2022/23 hatte die bundesweite Zahl der Wolfsrudel noch 184 betragen.
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