Nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags von SPD und BSW will das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für Geschlossenheit im Landtag sorgen. Die BSW-Fraktion hält einen Ausschluss des Abgeordneten Sven Hornauf für denkbar, der droht, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf bei der Wahl des Ministerpräsidenten nicht für Dietmar Woidke (SPD) zu stimmen.
SPD und BSW hatten ihren Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorgelegt. Woidke sagte dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu dem Regierungsbündnis, es sei kein Selbstläufer. Der seit 2013 amtierende Ministerpräsident weiß: Nur mit SPD und BSW ist eine Mehrheit im Landtag möglich, wenn es kein Bündnis mit der AfD geben soll.
Appell an Verantwortung
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird ein Ausschluss Hornaufs aus der BSW-Fraktion als Möglichkeit erwogen, wenn der Abgeordnete sein Mandat nicht niederlegt. Fraktionschef Robert Crumbach appellierte an ihn, seiner Verantwortung gerecht zu werden. «Wenn er das nicht kann oder will, muss er Konsequenzen daraus ziehen», sagte Crumbach und forderte ihn auf, dann sein Mandat niederzulegen. Bisher reagierte der frühere Linke-Politiker auf diese Forderung nicht, er ist im Urlaub.
Wagenknecht: Raketensystem kein Hindernis
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sieht die geplante Stationierung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3 nicht als Hindernis für eine Koalition. Zwar warne sie vor Wettrüsten, sagte die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht dem «Spiegel». «Arrow 3 sind allerdings keine Angriffsraketen».» Brandenburg finanziere die Raketen nicht, die Entscheidung zur Stationierung sei auf Bundesebene getroffen worden.
«Mit diesem Argument die neue Koalition zu torpedieren, finde ich nicht nachvollziehbar», sagte Wagenknecht. Sie wandte sich damit gegen die Haltung des BSW-Abgeordneten Hornauf, sagte aber auch: «Gegen ihre Anschaffung spricht, dass sie auch als Abwehrwaffen gegen russische Raketen wenig taugen.» Die vier Milliarden Euro wären anders sinnvoller angelegt, meinte sie. Ähnlich hatte sie sich in der «Märkischen Allgemeinen» geäußert.
Mehrheit könnte knapp werden
Das erste Rot-Lila-Regierungsbündnis in Deutschland rückt näher. Nun müssen die Landesspitzen und Parteitage über den Koalitionsvertrag entscheiden. Woidke könnte danach am 11. Dezember im Landtag als Regierungschef gewählt werden. In Thüringen hatten CDU, BSW und SPD einen Koalitionsvertrag vorgestellt.
SPD und BSW haben im Brandenburger Landtag eine Mehrheit von zwei Stimmen. Ohne Hornauf würde die Mehrheit auf eine Stimme schrumpfen. Crumbach zeigte sich am Mittwoch überzeugt, dass seine Fraktion geschlossen für Woidke stimmen werde, wenn der Parteitag den Vertrag angenommen habe.
SPD: Handschrift beider Parteien sichtbar
Der Koalitionsvertrag von SPD und BSW trägt nach Ansicht des SPD-Generalsekretärs David Kolesnyk die Handschrift beider Parteien. «Wir freuen uns aber natürlich, dass da auch viele sozialdemokratische Vorhaben drin sind», sagte er im RBB-Inforadio. Bei landespolitischen Themen bestünden in vielen Bereichen Schnittmengen mit dem BSW.
Die SPD will mit ihren Mitgliedern bei Regionalkonferenzen über den Koalitionsvertrag diskutieren. Sie sind für 2. Dezember in Potsdam, Neuruppin und Fürstenwalde und für 4. Dezember in Bernau und Cottbus geplant.
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