Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hält das Urteil des Hamburger Sozialgerichts zur Bargeldobergrenze auf Bezahlkarten für Geflüchtete für bundesweit bedeutsam. Dieser Beschluss sei richtungsweisend und werde bundesweite Auswirkungen haben, teilte sie mit. Zuvor hatten der «Tagesspiegel» und der RBB darüber berichtet.
Das Sozialgericht Hamburg hatte am Mittwoch entschieden, dass starre Bargeldobergrenzen auf der Bezahlkarte nicht geeignet seien, um den Mehrbedarf beispielsweise von Schwangeren oder Familien mit Kleinkindern zu decken. Die für die Karte zuständige Sozialbehörde müsse die persönlichen Lebensumstände der Antragstellenden berücksichtigen. Starre Obergrenzen würden das nicht ermöglichen, sagte eine Gerichtssprecherin. Die Bezahlkarte an sich ist dem Gericht zufolge aber nicht zu beanstanden.
Antragsteller wollen mehr Bargeld
Antragsteller in dem betreffenden Eilverfahren war eine geflüchtete Familie mit einem 2022 geborenen Kind, die in diesem Jahr das zweite Kind erwartet. Sie forderte mehr Bargeld oder eine Einzahlung des Mehrbedarfs auf ein anderes Konto. Die Familie erhält derzeit einen Bargeldbetrag von 110 Euro, das Gericht sprach ihr einen Bargeldbedarf von 270 Euro zu.
Asylbewerber bekommen über die Bezahlkarte einen Teil der staatlichen Leistungen als Guthaben auf der Karte statt als Bargeld. So soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen.
Kiziltepe befürchtet «unlösbare Herausforderungen»
«Ich freue mich für die geflüchtete Familie über diesen Beschluss. Eine pauschale Bargeldobergrenze von 50 Euro pro Person ist laut dem Hamburger Sozialgericht nicht rechtens», sagte Kiziltepe. Die SPD-Politikerin wies allerdings auch auf die möglichen praktischen Konsequenzen der Entscheidung hin: «Die vom Gericht berechtigterweise geforderte Einzelfallprüfung stellt die Verwaltung vor eine fast unlösbare Herausforderung.»
Bei der geplanten Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber gibt es im Berliner Senat nach wie vor keine Einigkeit über das gemeinsame Vorgehen. Kiziltepe hatte eine Obergrenze von 50 Euro mehrfach deutlich kritisiert. «Regelungen, die die Grundrechte von Betroffenen verletzen, nur um migrationspolitische Ziele zu steuern, sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.»
Dagegen hatten sich die Länderchefs bei einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) im Juni genau darauf verständigt - mit Zustimmung von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Wegner argumentierte, er wolle eine einheitliche Lösung und in jedem Fall eine enge Abstimmung mit Brandenburg, dessen Landesregierung der Obergrenze ebenfalls zugestimmt hat.
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